COUNTRY NO. 1 – Herbst 2001 in New York

Regie: Kai Ehlers
Bildgestaltung: Grischa Schmitz
Produktion: Filmareal | SWR | Filmakademie Baden-Württemberg

„America first, there would be no New York without America!“
New York City – Magnet für Menschen aus aller Welt, das Symbol für Macht, Geld, Freiheit, schlicht den amerikanischen Traum. Der Ort, an dem es passiert ist. Was hat sich verändert nach dem 11. September? Bei den so genannten einfachen Leuten? Die Perspektiven von Jackie, einer libanesischen Kioskbesitzerin aus Brooklyn, Jack, einem farbigen Schuhputzer aus Manhattan, Scott, einem italienischstämmigen Maler, und einer Gruppe junger Barbiere, vermitteln ein Stimmungsbild der Stadt zum Jahresende 2001. Alle sind betroffen. Jeder auf seine Art. Der Film zeigt, wie diese Menschen ihren Weg suchen zwischen der Unmöglichkeit, dieses Ereignis, „nach dem doch nichts mehr so ist wie früher“, wirklich zu fassen und der unveränderten Notwendigkeit, den Verpflichtungen ihres Alltags nachzukommen. Denn das, was die USA zur „Country No.1“ macht, bleibt bestehen: „money makes the world go round“. Und für dieses Geld müssen in New York alle sehr hart arbeiten.
Jackie, die Kioskbesitzerin, hält auch weiterhin fest an ihren Träumen, für die sie hierhergekommen ist. Sie hofft auf einen Mann, der sie respektiert, träumt von Wohlstand und schönen Kleidern. Doch auch sie muss jetzt ihre Realität überprüfen, ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Familie, die im Libanon lebt, und ihrer gewonnenen Freiheit als alleinstehende Frau, wofür sie 18 Stunden am Tag arbeitet. Die unterschwellige Abneigung gegen arabische Menschen, die seit dem Anschlag herrscht, macht es ihr nicht leichter, ihre Position zu finden.
Scott, der Maler, hat in seiner Arbeit das Ventil gefunden, seine Haltung auszudrücken. Obwohl er zu seinen italienischen Wurzeln steht, hat er den amerikanischen Lifestyle stark verinnerlicht. Jetzt pinselt er noch größere amerikanische Flaggen an Häuserfassaden und fährt rauchend in seinem alten Cadillac durch die Straßen New Yorks. Als Musterbeispiel amerikanischen Patriotismus hinterfragt er die eigentliche Dimension des 11. Septembers kaum. Für ihn zählt vor allem eines: „Freiheit, Freiheit und noch mal Freiheit“.
Im Frisiersalon auf Staten Island arbeitet eine Handvoll junger Barbiere, die routiniert jedem mit dem Rasierapparat zu Kopfe rücken. Man redet viel miteinander und vom Fenster aus sieht man rüber auf die Skyline Manhattans. In dieser lässigen Atmosphäre sind die kritischsten Töne zu hören. Hier glaubt man, dass Amerika ein gehöriges Maß der Schuld selbst verantwortet hat. Der 11. September bewegt und beschäftigt hier alle. Moses, ein Kunde, steht spontan auf und rezitiert für uns ein Gedicht, das er geschrieben hat, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.
Alles hat zwei Seiten, sagt Jack, der Schuhputzer, der seit Jahrzehnten „downtown“ Schuhe poliert. Er hat vom großen Ereignis zuerst von seinem kleinen batteriebetriebenen Transistorradio gehört, bevor auch das Gebäude, in dem er arbeitet, gewackelt hat vom Zusammensturz des World Trade Centers. So einfach seine Lebensweisheiten sind, so zielsicher treffen sie den Nerv. New York ist Jack`s Stadt, und ohne Jack wäre New York ein ganzes Stück ärmer. Mit seiner Videokamera ist er gleich nach dem Attentat losgezogen, um zu dokumentieren und überhaupt zu begreifen, was dort passiert ist. Was er gesehen hat, hat auch ihn verändert.
Wie sie alle mit dem Ereignis umgehen, zeigt der Film in einer Collage, die auch dem Ort des Geschehens und seiner unmittelbaren Umgebung immer wieder unkommentierte Betrachtungen widmet.

Link zu der Webseite des Regisseurs Kai Ehlers:
www.kaiehlers.de/?id=country_no_1

FILMFESTIVALS
Augsburger Filmtage 2003
Student Film Award at Kalamata International Filmfestival 2003
Internationales Filmfest Krakau 2003
Sehsüchte Potsdam 2003
Max Ophüls Festival 2003
Nominierung First Steps Awards 2002
Filmfest Biberach 2002
SWR junger Dokumentarfilm